Mittwoch, 25. April 2012

Interview mit Jungdesigner Florian Wowretzko


1. Wer bist du und was ist dein Beruf?
Mein Name ist Florian Wowretzko und bin staatl. geprüfter Modedesigner.

2. Du bist aus Mannheim, hast du hier oder in der Umgebung Lieblingsorte?
Heidelberg finde ich sehr schön, ich finde die Menschen dort interessanter, das liegt wohl an den Kunststudenten. Da ich hier geboren und aufgewachsen bin fühlt es sich schon sehr "normal" an. 

3. Wer oder Was inspiriert dich?
Alles. Aber wenn ich etwas anschaue versuche ich nicht mich krampfhaft davon zu inspirieren. Die Idee kommt entweder während dessen, Tage oder Wochen später. Manchmal inspiriere ich mich selbst wenn ich im Bett liege und mein Kopf raucht, dazu brauch ich kein Ölgemälde. 

4. Wie bist du in die Modebranche gekommen?
Durch meine Ausbildung. Aber mit Bekleidung hatte ich davor aus Interesse zutun. Wir hatten in der Schule Textiles Gestalten und somit habe ich mit 13 Jahren angefangen zu nähen. Damals war das nichts für mich. Ich mein: Wer näht gern ein Patchworkhuhn das mit Füllwatte ausgestopft wird? Danach hatte mein Hund das Ding zerfetzt und ich sah kein Sinn darin die offene Naht wieder zu schließen. Doch als das Jahr mit TW zuende war hatte ich mich mit dem umgestalten von Jeans oder anderen Bekleidungsstücken beschäftigt und so wurde das ganze intensiver. Da ich im Dorf wohn wurde man schnell darauf aufmerksam und plötzlich wollte jeder das ich ihm seine alte Jeans aufpimp. Ich habe gebleicht, zerfetzt, genäht und bemalt. Das war im Jahr 2005/2006. Ich kann mich erinnern das zu dieser Zeit zerfetzte Hosen "Im Trend" waren. 

5. Hast du Vorbilder?
Vorbilder sind für mich heilige Menschen, demütige, einzigartige Menschen. Menschen mit unglaublichem Charisma. Diese Menschen versuch ich so gut es geht nachzufolgen, denn nur so kann ich auch ein Vorbild sein. Natürlich ist das manchmal auch ein innerer Kampf mit sich selbst. Vorbilder sind für mich aber auch Einflüsse, die meine Arbeit beeinflussen. #Countless

6. Hast du außer der Mode noch andere Interesssengebiete?
Klar. Ich nenne mich ungern einen Modedesigner. Das hört sich so Mainstream an. Jedes halbe Jahr schließen tausend Junge Menschen mit dem Titel "Modedesigner" ihre Ausbildung  oder ihr Studium ab. Natürlich braucht keiner tausend Designer. Ich bin ein Künstler. Ich mache Musik, schreibe Lieder und Gedichte, illustriere und arbeite an Gemälden. Nach der Mittleren Reife musste ich mich entscheiden was ich als Beruf umsetzten will. Ich entschied mich für die Mode. Mode ist tragbare Kunst, ergo habe ich Kunst + Bekleidung. Kunst die man auf der Straße trägt ist viel Interessanter als ein Gemälde. Ein Gemälde ist tot, leblos. Mode ist lebendig. Sie bewegt sich und wird  bemerkt.  Ausserdem ist Kunst zwar ganz schön anzusehen und zu machen, aber letzendlich ist es kein Grundbedürfnis des Menschen. Wenn die Welt untergeht, interessiert sich keiner für einen Picasso; es sei denn man schwimmt darauf ums Leben. Also was tun? Beides kombinieren. Ich habe die Kunst in Illustrationen, Konstruktionen, Entwürfen, Stoffen usw. und erfülle damit noch ein Bedürfnis der Menschheit. Das fand ich an diesem Beruf so interessant. 

7. Wolltest du schon immer im Modebusiness arbeiten?
Nein. Das Modebusiness ist sehr merkwürdig. It's all about the Money - und das macht die Menschen manchmal verrückt und man weiß nicht in welchem Film man gerade ist. Mir macht es aber Spaß mit Menschen zu arbeiten die Kreativ sind, mit denen man sich austauschen kann. Mit meiner Mutter kann ich logischer Weise nicht über das sprechen was ich tue. Mit den Leuten aus Ludwigshafen schon gar nicht. Deshalb sucht man sich "Gleichgesinnte" und diese findet man eben in solchen Berufen.  Es war auch ehrlich gesagt Zufall, als ich beim Schulpraktikum bei einem Elektrohaus gefragt wurde was meine Interessen seien. Kreatives eben. "Da bist du hier Falsch. Willst du wirklich in der Kälte an baufälligen Häusern die Kabel verlegen oder lieber in der warmen Stube sitzen und nähen?". Ab diesem Moment war der Groschen gefallen und ich wurde noch während dieses Praktikums zu einer Modedesignerin um die Ecke geschickt, um die restliche Praktikumszeit dort zu verbringen. 


8. Entwirfst du lieber Damen- oder Herrenmode?
Herrenmode. Damen haben ja alles was sie wollen. Aber auf Anfragen auch Damen.

9. Wie entsteht eine Kollektion bei dir?

Zuerst das Konzept. Trendrecherche usw.  Dann entwickle ich die Entwürfe und die Idee dazu zuerst. Bedauerlicherweise kommen einem so viele Ideen im Kopf hoch, die einfach nicht umzusetzen sind, weil man einfach nicht die Materialien findet. Dann passiert das eigentlich kreative - der Schnitt. Ich tob mich gerne im Schnitt aus. Zuschnitt - fixiert und genäht - fertig. Da ich kein Angestellter bin oder Angestellte habe läuft alles unter eigener Hand und deshalb ist das die Methode mit der ich arbeite.Ein langer Weg der manchmal sehr anstrengend ist - gerade wenn man eine Deadline hat. Aber es macht Spaß und das Endergebnis ist meine Motivation. Und solange ich gesund bin und "kann" gibt es für mich keinen Grund aufzuhören oder zu ... "chillen".

10. Mit welchen Models durftest du schon zusammenarbeiten?
Ich bin ja noch "Backfrisch" und deshalb noch nicht mit all zu vielen. Fernando Cabral für das Open Lab Magazine, Bridget Kelly für das GHUBAR MAGAZINE, Bonnie Strange, Grand Perry & Manuel A. Mendez. Ich arbeite hauptsächlich mit Stylisten die dann mit den Fotografen und Agenturen Modelle aussuchen. Darunter arbeite ich mit Omar Alexander (NYC), Donald Hicks (NYC), Francis Urrutia (NYC) und Jennifer Mertens (D), allesamt sehr inspirierende, talentierte, kreative, atemberaubende Persönlichkeiten. Es ist immer interessant was sie sich ausdecken und dann zum Leben erwecken. 

11. Nach welchen Kriterien suchst du dir deine Models aus?
Sie müssen einfach zur Kollektion oder zu dem Modell bzw. Konzept passen. Das ist manchmal nicht einfach, da meine Sachen sehr viel Persönlichkeit schon ausstrahlen, da es eben Einzelteile sind. 


12. Hast du Lieblinge unter deinen Designs? Wenn ja welche und warum liegen sie dir so am Herzen?
Meine Transformationsbekleidung und meine Basicwear. Die T.B. weil sie veriabel ist und veränderbar und die Basicwear täglich tragbar ist. Sie ist bequem und hat trotzdem das Edgy-Eigenwillige was ich so charmant finde. Ja ich finde meine Sachen charmant.
 

13. Was möchtest du mit deinen Designs ausdrücken?
Individuelles Leben. Leben an sich. Wertschätzung einiger Lebensgrundlagen. Ich kämpfe für die Emanzipation der Männer. Es ist Zeit. Und ich möchte für diese Revolution arbeiten. Falls ich damit keinen Erfolg erziele kann ich am Ende wenigstens sagen das ich es versucht habe. Was nicht heißt das ich aufgebe. D.h. das ich Vorreiter sein will von einer Epoche, die wohl doch erst noch weitere 200 Jahre braucht bis sich dieser Ruf ganz durchgesetzt hat. Wenn H&M oder Zara beginnt in Massen Röcke und Leggings für Herren herzustellen, kann ich und viele andere Designer sagen das wir den Krieg gegen die Frauen endlich gewonnen haben. 

14. Beschriebe deine Zielgruppe.
Avantgardisten. Leute die nichts mit der Zeit anzufangen haben, ausser mit Mode (lacht).Der Avantgardist ist immer auf der Suche nach dem Neuen, ausgefallenen. Er grenzt sich somit von der Masse ab. Persönlichkeit ist ihm wichtig. Man kann die Mode des Avantgardisten mit einem Wort beschreiben: Protestkleidung. Ihm ist wichtig, in welcher Bekleidung er sich in die Öffentlichkeit bewegt. Eines muss es auf jeden Fall haben: den WOW Effekt. Dazu noch kreativ, intelligent gelöst und nicht das – was der andere hat.

15. Was macht dich einzigartig?
Meine Motivation Dinge zu bewegen und mein Engagement. Ich verstehe es selbst manchmal nicht!

16. Würdest du deine eigenen Designs tragen?
Nur so werde ich ernst genommen!

17. Was erhoffst du dir von der Zukunft?
Nicht verarmt in der Gosse zu landen. Es ist nicht gerade einfach einen Job in dieser Branche unter diesen 1.000 Bewerbern zu finden. Dieser Job bringt dich jedoch an die verrücktesten Orte der Erde mit den verrücktesten Menschen! Das ist unglaublich! Darauf freue ich mich und gehe mit großem Feuereifer an die Arbeit! Denn die Welt ist eigentlich ein Garten und NY ist ein Dorf mit 2 Einwohnern - EINSCHLIEßLICH KATZE!

18. Beschreibe deine Mode in 3 Wörtern.
Schwarz - bewusst - funky

  © steven schauer